Daniel Flege

August 2, 2023

Hypnotic – Robert Rodriguez auf der Suche nach seinem Mojo | Film-Review

Wie ich lernte, Robert Rodriguez zu lieben

Robert Rodriguez ist einer dieser Regisseure, die mich als Teenager stark geprägt haben. Nicht nur, weil wir zu From Dusk Till Dawn oder Desperado die Nächte durchfeierten, sondern noch dazu jedes Making-of verschlangen.

Rodriguez, wie er mit 7.000 $ und ohne Drehgenehmigung El Mariachi inszenierte. Rodriguez, wie er am Schnittrechner zeigte, wie er Szenen mit Salma Hayek und Antonio Banderas zusammenschnitt, obwohl diese an zwei unterschiedlichen Locations zu verschiedenen Zeiten gedreht hatten. Rodriguez, wie er am Keyboard saß und sich für die Filmmusik zu Once Upon a Time in Mexico inspirieren ließ.

Diese filmische Ein-Mann-Armee, dieser selbst ernannte Rebell (verdammt, selbst einer seiner Söhne heißt so!) zeigte uns damals eins: mit Kreativität, Talent und Fleiß kannst Du Deine Träume wahr werden lassen. Keine Frage, Robert Rodriguez funktioniert am besten, wenn ihn gewisse Leitplanken (Zeit, Geld, Manpower) zu kreativen Lösungen inspirieren und er „einfach sein Ding“ machen kann.

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Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, sich an umfangreichere Projekte heranzutrauen. Mit Sin City spielte er sich endgültig in den Mainstream. Bei Alita: Battle Angel hantierte er bereits mit neunstelligem Budget und zeigte, dass er auch mit dickerem Geldbeutel gute Filme produzieren kann (ich mag ihn zumindest sehr). Die IPs waren jedoch weder seine eigenen, noch galt Alita als kommerzieller Erfolg.

Insgeheim wollte Rodriguez aber genau das. Er wollte seine eigene Big-Budget-Idee, seinen Hollywood-Kritikerliebling, wollte wie Hitchcock und Nolan aufspielen. Zwanzig Jahre zimmerte er dafür im stillen Kämmerlein Konzept und Drehbuch für einen Film, der sein Vertigo werden sollte. Das Ergebnis: Hypnotic. Und ich wünsche ihm sehnlichst, dass er dieses Herzensprojekt genießen konnte – ich konnte es nur bedingt.

Vertigo meets Inception?

Dabei beginnt sein Thriller-Ausflug in der ersten Viertelstunde gar nicht mal schlecht, wenn auch extrem klischeebehaftet. Ben Affleck mimt den sich in psychiatrischer Behandlung befindenden Cop Danny Rourke, dessen Tochter von einem scheinbar drogenabhängigen Jugendlichen entführt wurde. Dieser erinnert sich jedoch an nichts, weshalb Rourkes Tochter weiterhin verschwunden bleibt.

Ein anonymer Tipp führt Danny und seinen Partner zu einem mutmaßlichen Banküberfall, bei dem ein Mann (herrlich mysteriös: William Fichtner) dadurch auffällt, dass er mit Worten das Verhalten von Menschen manipulieren kann. Schnell finden wir heraus: Die Welt ist von sogenannten Hypnotics bevölkert, die in der Lage sind, Gedanken zu kontrollieren sowie die Wahrnehmung von Personen durch Gedankenkonstrukte zu unterwandern. Scheinbar hat sich Rodriguez nicht nur Vertigo, sondern auch Inception als Vorbild genommen.

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Und ab hier fällt der Plot von Hypnotic für mich wie die in der Handlung vorkommenden Dominohäuschen in sich zusammen. Nein, es ist nicht spannend, Menschen dabei zuzusehen, wie sie zwei Worte sprechen oder grimmig dreinschauen, um danach durch Zauberhand Charaktere fernzusteuern. Wäre es das, bestünde Star Wars aus zwei Stunden Mind-Trick-Handwedelei und nicht aus Lichtschwert-Duellen. Es ist auch visuell kaum nachvollziehbar, wer wann wen beeinflusst, selbst dann nicht, wenn der Bildausschnitt bis ans Äußerste technisch verzerrt wird.

Ich verstehe die Idee wie Faszination dahinter. Rodriguez möchte uns das Gefühl geben, dass wir unseren Augen nicht trauen können, dass wir wie die Figuren jede Sekunde zweifeln müssen. Das führt zu einigen netten (jedoch vorhersehbaren) Twists, ist allerdings selbst über die knackige Laufzeit von 94 Minuten extrem anstrengend. Und wenn sich der Plot im großen Finale dann öfter um die eigene Achse dreht als eine Hammerwerferin, sind die Kopfschmerzen, um all die Wendungen nachzuvollziehen, programmiert.

Gut, könnte man sagen, schaut man sich Hypnotic in einer ruhigen Minuten einfach noch einmal an. Ich gehe jedoch fest davon aus, dass der Film in einem Rewatch erst recht auseinanderbrechen würde. Denn sobald man anfängt, darüber nachzudenken, wann man sich wo eigentlich in welcher Konstruktion befindet und wieso Figuren eigentlich überkomplex handeln, wie sie handeln, wird man sich vor lauter Plotholes kaum retten können.

Fazit & Wertung

Schade, Hypnotic hätte im Kern ein solider gefilmter Cop-Thriller werden können, der ohne seine hanebüchene Sci-Fi-Ebene sicherlich besser funktioniert hätte. Am Ende erinnert Rodriguez’ Werk durch seine forcierten Meta-Ebenen leider eher an die ersten halbe Stunde The Matrix: Resurrections denn an Vertigo oder Inception. Am liebsten würde ich Rodriguez daher wieder innerhalb der Leitplanken sehen, die ihn so stark gemacht haben. Mit großem Budgets darf er gerne wieder bei Alita 2 hantieren.

Wertung: ★★☆☆☆ (2 von 5)

Mein Review sowie weitere Details zum Film findest Du ebenfalls auf Letterboxd.

About Daniel Flege

Marketing-Manager aus Köln mit Leidenschaft fürs Podcasting. Stolzer Papa zweier Mädels. Liebt das Schreiben, Web-Entwicklung mit Rails & Kaffee ☕️

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🎧 Marketing-Manager bei LetsCast.fm

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