Daniel Flege

September 14, 2024

Megalopolis: Homo homini lupus | 🍿

Mit Megalopolis will Francis Ford Coppola es noch einmal wissen und ein eigenfinanziertes Magnum Opus abliefern, welches seinen Platz in den filmischen Geschichtsbüchern endgültig festigen soll. Seit den 1980ern feilt Coppola an seinem Herzensprojekt, das mehrere Male kurz vor der Produktion stand – und schlussendlich doch hinten anstehen musste.

Wäre die umfangreiche Produktionsgeschichte nicht schon genug, sorgte in jüngster Vergangenheit ein Trailer für einen Eklat, in dem Kritiker von Coppolas frühen Werken zu Wort kamen und Klassiker wie Der Pate oder Apocalypse Now in der Luft zerrissen. Die Message war klar: „Dieser Mann ist ein verkanntes Genie, seine Filme Meisterwerke, stets ihrer Zeit voraus. Lasst Euch von negativen Kritiken nicht davon abbringen, einen zukünftigen Klassiker bereits heute im Kino zu erleben!“

Das Problem: Die negativen Kritiken waren gefaked, der Trailer kurze Zeit später vom offiziellen Kanal verschwunden. Ein Schelm, wer in Zeiten von ChatGPT-Recherchen Böses denkt. Im Zuge der Pressevorführung hatte sich so mancher Kritiker da schon „Gags“ wie „Megapopolis“ oder „MegaLOLpolis“ zurechtgelegt. Umso gespannter war ich, ob sich die sich andeutenden Häme durchsetzen oder Coppola uns alle überraschen würde.

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Zum Glück – oder leider – interessiert es einen Francis Ford Coppola nicht, was wir denken. Der Mann macht sein eigenes Ding. Und so ist Megalopolis eine tonal wilde Mischung aus Baz Luhrmanns Romeo + Julia, Damien Chazelles Babylon, einer italienischen Oper und einer griechischen Tragödie geworden. In der Stadt New Rome, die eigentlich New York ist, aber für die allumfassende Fabel auf das römische Imperium umbenannt wurde, herrschen Exzess und Korruption. Die prunkvolle Stadt, so will es die Geschichte, steht kurz vor dem Zerfall.

Ein Mann möchte dies verhindern: Cesar Catilina (Adam Driver), Baumeister der Stadt und Entdecker des geheimnisvollen Baustoffs Megalon. Er will ein Utopia auf den Grundfesten von New Rome errichten, erbaut aus Megalon und zum Wohle aller Menschen – Megalopolis. Doch verschiedene Kräfte in der Stadt versuchen dies zu verhindern, allen voran Catilinas ewiger Rivale, Bürgermeister Cicero (Giancarlo Esposito).

Warum der gute Herr etwas gegen Catilina und seine Idee von Megalopolis hat, welche Motive die Charaktere generell antreiben und was außer historischen Abziehbildern hinter ihnen steckt, das gibt Coppola nur selten preis. Tonal springt sein Werk zwischen ernsthafter Charakterstudie, theatralischer Operette und inhaltslosem Phrasendreschen. Stetig ploppen neue Figuren und Handlungsstränge auf, die sich konterkarieren und schlussendlich im Sande verlaufen.

Auch inszenatorisch schwankt Megalopolis. Kreatives und wunderschönes Framing in prunkvollen, praktischen Sets wechselt sich mit veraltetem CGI und unschönen Greenscreen-Einstellungen ab. Im letzten Akt musste ich lauthals loslachen, weil eine wie aus der Zeit gefallene CGI-Montage den Geist der früheren 2000er atmete.

Gleiches gilt für den auf dem Papier grandiosen Cast um Adam Driver, Giancarlo Esposito, Nathalie Emmanuel, Aubrey Plaza und Jon Voight, der sich zwischen emotionslos, hölzern und theatralisch überdreht in seiner Leistung nie so richtig einzupendeln vermag. Sobald der Abspann läuft, fragt man sich jedoch ohnehin, was Coppola uns sagen wollte (auch, wenn er es uns in der finalen Szene auf die Nase bindet), wer nun auf wen aus welchen Gründen schlecht zu sprechen war und wieso zahlreiche Handlungssträngen einfach egal sind.

Dennoch übt Megalopolis eine gewisse Faszination auf mich aus. Nicht nur, weil Francis Ford Coppola endlich sein Herzensprojekt umgesetzt hat oder weil ich eventuell seinen letzten Film auf der großen Leinwand miterleben konnte. Eher, weil er Wagnisse und Experimente eingeht, die heutigen Sehgewohnheiten herausfordert und damit bereits spannender ist, als so manche Schema-F-Produktion großer Studios. Ob Euch das reicht, um ein Kinoticket zu lösen, bleibt Euch überlassen.

Wertung: ★★☆☆☆ (2 von 5)

Mein Review sowie weitere Details zum Film findest Du ebenfalls auf Letterboxd.

About Daniel Flege

Marketing-Manager aus Köln mit Leidenschaft fürs Podcasting. Stolzer Papa zweier Mädels. Liebt das Schreiben, Web-Entwicklung mit Rails & Kaffee ☕️

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