Der Weg zum heutigen Thema war verschwommen. Seit 5 Uhr kein Schlaf mehr, Ideen wälzend. Nach 57 Minuten Halbschlaf treibt es mich ans Telefon und eine Überschrift eines der wenigen noch verbliebenen Newsletter in meinen Mails spricht mich an: 

Hm? Anschnallen. Eine verschwommene Reise beginnt.

Was damit gemeint sein könnte, "Die Bedeutung der Obertöne", erscheint nicht sofort klar, wenn man nicht jahrelang Klänge, also Sounds, bearbeitet, gequetscht, gestreched, übersteuert, gesättigt hätte. Nämlich genau damit: mit Obertönen ("upper harmonics"). Danach klingt fast immer, fast alles, gut. Saugut. Danach klingt alles besser. Jeder Toningenieur (mixing engineer) weiß es, nur wenig Hörende merken es und alle wollen es. Denn wenn es fehlt, sind wir wieder beim Klang der ersten "DDD" CDs Mitte der Achtziger: Digitale Kälte. Ich hätte da einige im Hinterkopf [DDD = digitally recorderd, mixed & mastered].

Obertöne sind also so etwas wie der Elfenstaub fürs Ohr. Einfach nur ein wenig Übersteuerung, etwas "too much" im guten Sinne.

"Too much" im guten Sinne ... dass es so etwas noch gibt in unserer Welt des maßlosen Überflusses - wie wohltuend. Obwohl man heutzutage doch am besten so viel "too much" wie nur möglich haben sollte. Nicht, dass es am Ende irgendwie doch zu wenig war, wenn der Zug die "final destination" erreich that. Und wer heute nicht weiß, wohin als nächstes, kann sich wenigstens in einer Art Endlosschleife von zu Vielem, von "too much" einrichten, um nicht unter zu gehen. Vielleicht gibt es ja etwas Halt.

Meine Gedanken gehen zurück zur Quelle des heutigen Titels. Ein Newsletter. Was war das nochmal? Fühlt sich für mich fast schon an wie Eighties. Sowas wie ein unlogischer Zirkelschluss. Denn der Zirkelschluss ist ja bereits unlogisch, insofern ist die unlogische Unlogik schon wieder ganz schön logisch. Einmal im Kreis gedreht, um zu sagen, dass Newsletter für mich ganz schön old school sind. Sie machen einen und auch mich kaputt. Sie ertränken einen, rauben einem Zeit und Nerv. Ich bekomme zuweilen bereits Aggressionen, wenn ich nur wieder einen im Postfach sehe, der mir wieder offensichtlich durchgeschlupft ist, den ich offensichtlich in meiner groß angelegten Newsletter-Abmelde-Aufräumarbeit, ich nenne sie mal Newsletter-Insolvenz, übersehen habe. Kurz gesagt: von dem ich mich im Laufe der Zeit vergessen habe abzumelden. Purer Groll.

Diese kleinen fiesen Fußfesseln, die einem die Welt versprechen, die einen zuballern mit allem möglichen Dreck. Die uns aber vor allem zum Kauf bewegen wollen. 5 % Willkommensrabatt hier - 10 % für deinen ersten Kauf dort. Aber die Strafe beginnt bereits lang davor: Diebstahl von Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit und damit Lebenszeit, die uns dann und danach für uns selbst fehlt. Also - weg mit dem Zeug. Weg mit dem digitalen "too much". Immer mal wieder Aufräumen. Eher etwas taktischer rangehen. Vor dem Kauf den 10 % Rabatt Newsletter bestellen aber danach sofort wieder abbestellen. Aber nicht vergessen, denn sonst droht Ungemach und Zeitdiebstahl.

Daher glaube ich, dass Obertöne, "zu viel" von Einigem, ihre absolute Berechtigung haben. Aber eben nicht von Allem und nicht um jeden Preis, mindestens mal nicht, wenn es meine eigene Lebenszeit ist. Daher immer auch auf die Untertöne achten. Auf das Feine, das Sensible, auf die diskreten Hinweise aus der Bauchgegend, aus der Steuereinheit, dem persönlichen Kompass, die einem ganz genau sagen, dass Das oder Jenes schon wieder (viel) zu viel ist.

Und bevor es zu kryptisch wird, entlasse ich mich und dich für heute und arbeite weiter an Ober- und Untertönen wohlklingender Instrumenten- und Stimmesklangquellen. Immer schön Verzerrungen drauf geben. Dosiert.

Verschwommener Geist.

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Übrigens: Wen es im Detail interessiert.