O l i Dee - 2 vor

March 23, 2024

Ich habe Instagram verb(r)annt - Trilogie III

Ich habe Instagram verb(r)annt. Facebook habe ich schon seit vielen Jahren nicht mehr. 

Ich war kein heavy User von Instagram, konnte mich aber dennoch hier und da darin verlieren. Wie es jedem halt so geht. Was zunächst als Rechtfertigungsstrategie daher kam, "nur mal ein paar Rezepte checken" oder "technisch auf dem Laufenden zu bleiben" usw., entpuppt sich als plumpe Selbstbetrugsmasche.

Ich bin mir noch nicht sicher, was dieses bunte Marktgeschrei letztlich mit einem macht, in mir bewirkt. Aber es lähmt. Es macht taub. Ungeachtet der Pobacken, die einem nach einem erneuten 20 bis 40 minütigen Ritt so langsam einschlafen, spürt man auch sonst nach und nach weniger von sich selbst. Schön, was die anderen da so machen und hinzaubern. Wie toll alles glitzert. Aber es ist deren Leben. Nicht meins. Und je mehr ich mich in diesem Produktvorschlag und in jener Idee verfange und das mit einer unglaublich hohen Schlagzahl, desto weniger bekomme ich selbst auf die Reihe. Ganz zu schweigen von unbeabsichtigten, schwachsinnigen Einkäufen. Da mag der Ansatz der erzielten Inspiration noch so ehrenvoll sein - er führt ins Leere oder eher umgekehrt - in den Overflow. Die ersten Ideen kann ich mir noch merken.

Ach - was ich nicht schon alles nachmachen und ausprobieren wollte.

Aber relativ schnell ist Schluss mit der Aufnahmefähigkeit. Da helfen auch keine Ideen-Merk-Verlängerungshilfen über Bookmarks oder das Speichern von Filmchen und Bildchen. Guckt eh keiner mehr nach. Es ist und bleibt alles unreal und fake. Man rennt falschen Ideen hinterher.

Man vergisst, sein eigenes Leben zu leben.

Dabei habe ich nichts gegen zwischenzeitliche Zerstreuung. Und ja, das ein oder andere Essensrezept habe ich mir auch gemerkt, weil es gut ist. Aber dann sind wir im Bereich der Sinnfindung und Sinnbildung. Es ist dennoch (zu) wenig, wenn ich es mir überlege, was wirklich nachhaltig wirkt und hängen bleibt.

Denn der Ablauf ist doch immer derselbe.

Was uns gefällt, herzen wir. Was uns besonders gefällt, screenshotten wir und machen eine bewegte Bildschirmaufnahme. Und dann "ab, ins Verzeichnis". Richtig. Und was machen wir dann damit? Nichts. Weil die Verzeichnisse überquillen, weil wir nichts mit dem vermeintlich wichtigen Inhalt je machen, weil wir ihn nicht in unseren eigenen Worten und Gedanken und vor allem Aktionen in unser Leben lassen, ihn zu unserem machen. Die Verzeichnisse sind einfach nur Käfige mit keiner anderen Funktion als "Out of sight - out of mind". Und was ist stattdessen vergangen? Richtig. Lebenszeit, meine Lebenszeit. Das ist absurd.

Ich habe es deshalb beendet!

Leben ohne Insta.jpg

Allerdings habe ich es nicht zu 100 % beendet. So weit war ich noch nicht. Ich habe aber gemerkt, dass das unbedachte, reflexartige Öffnen in jeder freien "Entspannungszeit", ja!, auch auf dem Klo, mindestens eingeschränkt werden muss, bestenfalls sogar enden. Also habe ich die App One Sec installiert. Mir ist völlig egal, wer oder was diese App ist, ich bewerbe sie hiermit auch nicht, aber sie hat ihren Dienst getan. Jedes Mal wenn ich Instagram öffnen möchte, schiebt sie sich drüber und gibt mir per Bildschirmanimation quasi 5 Extrasekunden zum Ein- und Ausatmen, zum nochmal Nachdenken, ob ich das jetzt wirklich will. Und was war seitdem das Ergebnis? 5 Mal hat die App verhindert, dass ich wieder Zeit in Insta verliere. Ich bin erstaunt, dass die App so geringe Zahlen überhaupt mitzählt. Drei der fünf Anwendungen entstanden aus Neugier, um zu sehen, was passiert. Und 2 Mal wollte ich es wirklich öffnen und habe es dann ganz einfach gelassen.

Diese 5 Sekunden sind pure Magie, weil sie mir sofort mein aktuelles Handeln reflektieren und mich daran erinnern, was zumindest in meiner Welt wichtiger ist und von nun an auch wieder wird. Diese Erkenntnis ist nun vier Tage alt, also total frisch. Ich habe Insta sogar bereits von meiner ersten Seite auf dem Handy in irgend ein Unterverzeichnis verbannt. Warum sollte man Ordner- und Unterordner-Verzeichnisstrukturen nicht auch mal für etwas Sinnvolles nutzen, nämlich dafür zu sorgen, dass Dinge bewusst im Nirvana verschwinden.

Vielleicht schreibe ich zu späteren Zeitpunkten einmal mehr über die Effekte des Lebens ohne Gebrüll der Anderen aus meinem Handy.

PS:
Die vollständige Trilogie ist nunmehr komplett:
Trilogie I
Trilogie II

About O l i Dee - 2 vor

Hey! Ich bin Oli, Multiinstrumentalist, Musiker, Produzent und Berater für Veranstaltungsstätten. Ich schreibe ... regelmäßig, unregelmäßig. Mal hier ein Gedanke, dort über eine Aktivität, mal hier ein Text oder dort etwas Musik oder auch Weisheiten, wer weiß, Tipps, Trick und häufig auch nur Fragen. Wer kennt schon die Antworten?

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